Der Chardonnay ist ein gutes Beispiel, um aufzuzeigen, welch unglaubliche Kapriolen die jüngere Weinbaugeschichte geschlagen hat. Noch Ende der 70er Jahre wurde Chardonnay fast ausschließlich zwei französischen Regionen zugeordnet: dem Burgund und der Champagne. In beiden Regionen galt die Rebsorte als hervorragender Botschafter verschiedener Terroirs. Legendär sind zum Beispiel die Gegensätze zwischen einem puristischen Chablis, einem stahligen Montrachet und einem leicht buttrigen Meursault.
In den 80er Jahren entstand in Kalifornien und Australien ein neuer Chardonnay-Typ, verschwenderisch reichhaltig und beladen mit Eichenholz, der die Weinwelt im Sauseschritt eroberte und in der Folgezeit auch die Winzer in Burgund beeinflusste. Doch von dieser uniformen Fülle hatten die Weinfreaks schnell wieder genug. Schon Mitte der 90er Jahre setze innerhalb der Weinszene eine Anti-Chardonnay-Bewegung ein. Die Losung „ABC“, hinter der sich die Botschaft ‚Anything but Chardonnay‘ verbarg, machte die Runde. Der Protest gegen die Verunstaltung der Rebsorte zeigte bald Wirkung und die geläuterten Winzer weltweit (auch in Übersee) setzen seitdem wieder mehr auf moderate Alkoholgrade, Finesse und Eleganz.
Ausgesuchte Weine von der Côtes de Beaune sind heute zwar immer noch das große Leitbild für weiße Burgunder, zahlreiche weniger überzeugende Vertreter ihrer Art bestechen jedoch vor allem mit ihrem miserablen Preis-Genussverhältnis. Das etwas südlicher gelegene Mâconnais mit sehr kalkhaltigen, steinigen Böden, vielen jungen Winzern auf der Höhe der Zeit und moderaten Preisen, ist seit Jahren eine wunderbare Alternative zur Côtes de Beaune. Up to date sind auch einige hochwertige Chardonnay von ambitionierten Winzern aus Österreich und Deutschland. Sie bestechen durch Individualität und einen ausgeprägt burgundischen Charakter. Echte Klasse, die ihren Preis hat, ohne abgehoben zu sein.